Bischöfe beraten über Schwangeren-Beratung

Bayerns Oberhirten treffen sich in Freising - Lehmann erkennt schwindende Bedeutung an


Freising. (dpa/AP) Die katholischen Bischöfe Bayerns sind am Mittwoch in Freising bei München zu ihrer traditionellen Frühjahrsvollversammlung zusammengekommen. Im Mittelpunkt der zweitägigen Beratungen steht die Zukunft der kirchlichen Schwangerenberatung, nachdem der Papst den Verbleib der katholischen Kirche im staatlichen System der Schwangerenkonfliktberatung missbilligt hatte.

Neben der eigens gegründeten katholischen Laienorganisation Donum Vitae will auch der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) mit einem neuen Verein die bisherige kirchliche Schwangerenkonfliktberatung weiter führen. Dabei sollen weiterhin auch die für eine straffreie Abtreibung nötigen Beratungsscheine ausgestellt werden, an denen der Vatikan Anstoß genommen hatte. Mit Spannung wird erwartet, wie Bayerns katholische Oberhirten auf die Angebote von Donum Vitae und des Sozialdienstes katholischer Frauen reagieren werden. Die Ergebnisse der Freisinger Bischofskonferenz will der Münchner Kardinal Friedrich Wetter am heutigen Donnerstag der Öffentlichkeit vorstellen.

Die katholische Kirche stellt sich unterdessen auf den Verlust ihrer traditionellen Bedeutung in ganz Deutschland ein. Die Erfahrung in den neuen Bundesländern, wo sich kirchliche Milieus auflösten und Christen eine extreme Minderheit seien, gebe eine Vorahnung für die künftige Situation bundesweit, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Karl Lehmann, am Mittwoch in Berlin. Allerdings wolle sich die Kirche mit der "Erosion der religiösen Überzeugung nicht abfinden", sondern sich "in die Lebensorte und Milieus hineinwagen, in denen die Menschen heute leben".

Die extrem schwierige Situation der katholischen Kirche in den neuen Ländern, der etwa 900000 Menschen angehören, ist nach den Worten Lehmanns nach der Wende kaum besser geworden. Sie sei nun zwar nicht mehr politisch unterdrückt, müsse sich aber in einer pluralen Gesellschaft beweisen. Der rasante Modernisierungsschub, die Vielfalt der Möglichkeiten und das Misstrauen gegen Vereinnahmung trügen zur Distanz zum Christentum bei, ergänzte der Erfurter Bischof Joachim Wanke.

Insgesamt spiele die katholische Kirche in den neuen Ländern nur eine Rolle am Rande, sagte Wanke. Lehmann nannte das Beispiel Wittenbergs, wo 850 Jugendliche an der nicht-kirchlichen Jugendweihe teilgenommen hätten und 60 Jugendliche an der evangelischen Konfirmation. Die Zahl der Teilnehmer an der katholischen Firmung sei erst gar nicht genannt worden. Dennoch bleibe die Kirche der Ansprechpartner in den wichtigen Fragen nach Tod und Sinn des Lebens. Sie müsse einen neuen Zugang zu den Menschen finden und ihnen vor allem die Möglichkeit geben, sich zu artikulieren, meinte Bischof Wanke.

Aus: Dingolfinger Anzeiger, 30.03.2000

 

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Last update: 06. Februar 2001 14:14